„Wir müssen uns auf digitale Tools einlassen“
Andreas Völkner hat im Juni 2023 die Position des Geschäftsführers der Kreishandwerkerschaft Westmittelfranken übernommen. Nachdem sein Vorgänger Richard Ehnes sich nach über 40 Jahren in den Ruhestand verabschiedet hat, nahm der neue Geschäftsführer einige Änderungen vor. Warum er einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit in der Nachwuchsarbeit sieht und wie er das umsetzt, hat er uns verraten.
Herr Völkner, jeder Geschäftsführer hat eigene Vorstellungen und setzt andere Schwerpunkte. Welche Veränderungen haben Sie bereits vorgenommen und planen Sie noch? Was sind Ihre Hauptaufgaben?
Meine Veränderungen betreffen größtenteils die Bereiche Digitalisierung und Nachwuchsarbeit. Wichtig ist, dass wir mit der Zeit gehen und meine Änderungen trotzdem nicht überfordern und dabei stets Tradition zu wahren und zu achten. Wir setzen die Dinge nach und nach um.
Die erste Veränderung war, dass alle in der Geschäftsstelle einen zweiten Bildschirm bekommen haben, außerdem nutzen wir nun alle Microsoft 365 und Einladungen zu unseren Veranstaltungen verwalten wir über Microsoft Forms. Die Anmeldung ist mit einem QR-Code möglichst einfach und unkompliziert möglich.
Seit ein paar Monaten läuft unsere neue Website, die ich mit einer Projektförderung in Brandenburg umgesetzt habe. Außerdem werden wir uns ein KI-Bot anlegen – ich finde es wichtig, auch mal andere Ideen beispielsweise für eine Rede bei einer Freisprechungsfeier zu bekommen. Das sind Dinge, auf die man sich einlassen muss. Social Media ist ein Thema, an das wir uns langsam vortasten. Aber das ist natürlich eine absolute Geldfrage.
Unsere Jahreshauptversammlung mache ich in diesem Jahr zum ersten Mal im digitalen Gründerzentrum in Ansbach. Ich will die Betriebe sensibilisieren für diese Themen und andere Tools. Das sehe ich als meine Aufgabe.
Hauptaufgaben von uns als Kreishandwerkerschaft ist und bleibt die Betriebsberatung sowie die Unterstützung verschiedenster Belange. Aber wenn die Fragen zu spezifisch sind, geben wir sie an die jeweiligen Verbände ab – da sitzen dann die Spezialisten in den Bereichen Technik oder Recht. Was mir ungemein wichtig ist, ist die Nachwuchsarbeit und da versuche ich einen weiteren Schwerpunkt zu setzen. Das betrifft zum einen die Altersstrukturen im Ehrenamt, wo ich versuche, auch jüngere Handwerker anzusprechen und miteinzubeziehen. Zum anderen möchte ich dem Ehrenamt Arbeit abnehmen in Sachen Nachwuchsarbeit, also zum Beispiel Besuche in Schulen oder Ähnliches.
Zu den weiteren Aufgaben gehören die Versammlungen und Wahlen der Innungen zu organisieren und abzuhalten. Außerdem ist es mein Ziel, unsere Berufsbildungsausschüsse zu erhalten, wo es möglich ist, damit wir weiter Prüfungen abnehmen können.
Sie sprachen eben schon die Nachwuchsarbeit an – eine große Aktion war hier der „Tag des Handwerks“, den Sie organisiert haben. Wie lief das ab?
Der Tag des Handwerks ist seit dem Schuljahr 2022/2023 für alle allgemeinbildenden Schulen in Bayern verpflichtend. Wie das umgesetzt wird, ist aber nicht vorgeschrieben. Unsere Handwerkskammer hat ein Online-Tool eingeführt, wo sich Betriebe eintragen konnten, die einzelne Schulklassen aufnehmen und informieren. Für mich war sofort klar: Das wird so nicht funktionieren. Deshalb habe ich gefragt, warum wir nicht einfach eine Maßnahme ähnlich wie eine Ausbildungsbörse schaffen, die sich nur aufs Handwerk konzentriert. Und so haben wir es dann auch gemacht, nur dass die Handwerkskammer keine Kapazitäten hatte, das zu organisieren und dann habe ich das eben für unsere Region übernommen. In der Bauakademie in Feuchtwangen habe ich eine passende Location mit genügend Platz gefunden.
Wir haben bewusst Mitmach-Stationen eingerichtet, wo die Schüler einfache Dinge selber mit den Händen machen konnten und in Berührung mit dem Material kamen und ein Bewusstsein für den jeweiligen Beruf bekamen. Insgesamt gab es elf Innungen/Gewerke mit je einem Stand. Die Aktion sollte ganz bewusst keine Werbeveranstaltung für einzelne Arbeitgeber sein, sondern für das Handwerk an sich. Ich habe vorher bei allen Betrieben eine Abfrage gemacht, wer Praktikumsplätze und Ausbildungsplätze anbietet und dann Listen angefertigt, die wir den Schülern zur Verfügung gestellt haben.
Außerdem war mir wichtig, dass junge Handwerker die Stände betreuen, da dann die Kontaktaufnahme mit den Schülern viel leichter fällt. Bei schwierigen Fragen kann der Meister immer noch unterstützen. Und die Mitarbeiter und Lehrlinge freuen sich auch, wenn sie mal einen Tag rauskommen aus dem Betrieb, was anderes sehen und sie fühlen sich geschätzt, so eine Rolle übernehmen zu dürfen.
Alle Beteiligten – Schulen, Lehrer, Betriebe, wir als Kreishandwerkerschaft usw. – sind sich einig, dass der „Tag des Handwerks“ im nächsten Jahr wieder in dieser Form stattfinden soll. Nächstes Jahr wird der Termin schon im April sein und natürlich wird es ein paar Veränderungen geben, wie beispielsweise eine gesonderte Information der Eltern und die Aufteilung in zwei Zeitslots. Aber im Großen und Ganzen bleibt das Konzept bestehen.
Machen Sie in Sachen Nachwuchsarbeit noch mehr?
Ich bin der Meinung, dass wir zusätzlich zu unserer Version des „Tag des Handwerks“ nicht mehr viele weitere Aktionen brauchen. Wichtig ist das Handwerk sichtbar zu machen. Ich übernehme gerne noch einzelne Besuche in Schulen. Im Herbst habe ich z.B. einen Termin in einem Ansbacher Gymnasium um das Handwerk vorzustellen und nehme einen Zimmerer mit, der uns beim Tag des Handwerks positiv aufgefallen ist – er hat selbst Abitur und kann am besten zu den Schülern sprechen und erklären, warum er sich erstmal für eine Zimmererausbildung entschieden hat. Die meisten wissen gar nicht, wie gut man im Handwerk verdienen kann und deshalb will ich das Thema Gehalt unbedingt ansprechen.
Bei Berufsberatern der Agentur für Arbeit bin ich regelmäßig zum Austausch. Wir müssen uns verabschieden von den klassischen Flyern und Broschüren. Persönliche Kontakte, Videos etc. sind heutzutage viel wichtiger. Gerade digitale Tools darf man nicht unterschätzen, auch im Handwerk. Natürlich wird KI keinen Dachstuhl bauen. Aber wenn wir junge Leute erreichen wollen, müssen wir sie zeit- und altersgemäß ansprechen und das funktioniert mittlerweile nun mal anders als vor einigen Jahren.
Als Zimmererverband haben wir zur Nachwuchsgewinnung eine neue Website ins Leben gerufen. Wie finden Sie die Seite? Was gefällt Ihnen und wo sehen Sie Verbesserungspotential?
Prinzipiell finde ich es wichtig, dass es eine extra Website zur Nachwuchsfindung gibt. Gut finde ich, dass verschiedene Videos eingebunden sind, weil die Zielgruppe meiner Ansicht nach nur so erreicht werden kann. Die jungen Leute lesen keine Fließtexte mehr. Deshalb könnten es aus meiner Sicht noch viel mehr Videos sein und ich würde sie auch kürzer halten. Die Bildsprache gefällt mir gut.
Leider glaube ich, dass die Startseite die Nutzer nicht wirklich abholt. Hier fände ich ein Video gut, das einem ein Gefühl vermittelt. Bei „so läuft die Ausbildung ab“ würde ich mir wünschen, dass das BGJ genauer erklärt wird, also warum es das gibt, was das bringt etc. Die Schüler sehen erstmal nur, dass sie da kein Geld verdienen und in der Industrie aber sofort Gehalt bezogen wird.
Also ich würde sagen, es ist super, dass es die Website jetzt gibt und es wurde ja auch von Verbandsseite direkt angekündigt, dass die Seite weiterentwickelt wird. Das fände ich wirklich sinnvoll, gerade auf der Startseite.